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Wegen Vibratoren im Sortiment Sexshop-Betreiber legt sich mit der Migros an

Dass er kein Sexspielzeug verkaufen darf, die Migros aber Mini-Vibratoren anbietet, stösst einem Berner Sexshop-Betreiber sauer auf. Die Migros erhielt deshalb Besuch von der Polizei.

Sexshops dürfen momentan nur einen Bruchteil ihrer Produkte anbieten. Vibratoren wie hier auf dem Bild gehören nicht dazu. (Symbolbild)

Sexshops dürfen momentan nur einen Bruchteil ihrer Produkte anbieten. Vibratoren wie hier auf dem Bild gehören nicht dazu. (Symbolbild)

Foto: Imago

Michel Abegg ist verwirrt. Und auch genervt. Als er neulich in der Migros an der Marktgasse in Bern war, entdeckte er in der Drogerieabteilung gleich neben den Kondomen Mini-Vibratoren der Marke Secret Lover. Verwundert nahm er zur Kenntnis, dass der Grossverteiler Produkte anbietet, welche er in seinem Sexshop an der Gerechtigkeitsgasse nicht verkaufen darf.

Seit der Bundesrat vor zwei Wochen einen neuerlichen Lockdown verfügt hat, dürfen nur noch «Güter des kurzfristigen und täglichen Bedarfs» verkauft werden. Dass Sexspielzeuge wie Vibratoren nicht unter diese Ausnahmeregel fallen, habe man ihm beim Bundesamt für Gesundheit bestätigt, meint Abegg. «Ich akzeptiere diese Regel ja», sagt der Geschäftsführer des Girl and Boyshop in der unteren Altstadt, «aber dann muss sie auch für alle gelten.»

Widersprüchliches von der Migros

Bereits während des ersten Lockdown im Frühling, als er seinen Shop komplett schliessen musste, wunderte er sich über die weiterhin angebotenen Mini-Vibratoren in der Migros. Er wandte sich an diverse Behörden, erntete jedoch nur Achselzucken, wie er sagt. Dieses Mal hat er auch die Migros konfrontiert. «Dort wollte man jedoch nichts von einem Verbot wissen», so Abegg. Er habe deshalb die Polizei kontaktiert. «Die sagten mir, sie würden jemanden vorbeischicken.» Als er sich am nächsten Tag in die Migros an der Marktgasse begeben habe, seien die Mini-Vibratoren tatsächlich nicht mehr im Regal gewesen.

Die Medienstelle der Kantonspolizei Bern bestätigt auf Anfrage den Einsatz. Nach dem Gespräch mit der Polizei habe der Migros-Filialleiter die Mini-Vibratoren aus dem Sortiment genommen. Zufrieden ist Abegg damit noch nicht. In anderen Filialen des orangen Riesen habe er die Lustspender nach wie vor im Sortiment erspäht, so der Sexshop-Betreiber. Die Migros Aare meint auf Anfrage bloss, dass man sich «nach bestem Wissen und Gewissen» an die Anordnungen des Bundes halte. «Vibratoren waren bis anhin bei Sortimentsabsperrungen gemäss unserem Kenntnisstand kein Thema», schreibt Mediensprecherin Andrea Bauer. Zum Polizeibesuch äusserte sie sich nicht.

Es könne nicht sein, dass erneut die kleinen Fachgeschäfte litten, während sich die grossen Detailhändler nicht an alle Regeln hielten, meint Abegg. Worauf der 30-Jährige aus Niederscherli anspielt: Letzten Frühling empörten sich etwa Floristen darüber, dass sie zu Beginn des Lockdown ihre Läden schliessen mussten, Grossverteiler wie Coop und Migros jedoch weiterhin Blumen verkaufen durften.

Grosse Unsicherheit

Generell herrscht bei Abegg viel Unsicherheit, was er nun anbieten darf und was nicht. Eine einigermassen befriedigende Antwort erhielt er vom Regierungsstatthalteramt, wie er sagt. Mit Verweis auf die Covid-19-Verordnung hiess es dort, dass er von seinem mannigfaltigen Angebot lediglich Zeitschriften und Drogeriefachmarktartikel wie Kondome und Gleitcreme verkaufen dürfe. Unterwäsche wird zwar vom Bund auch als Alltagsgut deklariert, ob auch erotische Unterwäsche darunterfällt, dürfte jedoch bezweifelt werden. Aber eben, wissen tut Abegg es nicht. Aus dieser Unsicherheit heraus hat er beschlossen, seinen Laden zu schliessen und nur zu öffnen, wenn jemand bestellte Produkte abholen kommt. «Ich will keine Busse riskieren.»

Womit er besonders hadert: Zuletzt habe er pro Tag nur rund 15 Kundinnen und Kunden gehabt. Inwiefern die verordnete Reduktion der angebotenen Erotik-Utensilien die Ansteckungsgefahr in seinem Geschäft mindern sollte, erschliesst sich ihm nicht. Zumal ja tagtäglich Hunderte von Leuten die Läden der Grossverteiler stürmten.